Zwei neue Stiftungsräte
Neue Mitglieder im Stiftungsrat der Artisana
Wir freuen uns, mit Kathrin Arnet und René Sommer zwei neue Stiftungsräte in unserer Reihe begrüssen zu dürfen. In den folgenden Interviews stellen sich die beiden neuen Mitglieder gleich selber vor.
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Interview mit Kathrin Arnet
Kathrin Arnet, Geschäftsführerin der Josef Arnet AG
Aufgewachsen in einer Unternehmerfamilie, absolvierte Kathrin Arnet nach der Matur das Bachelor- und Masterstudium zur Bauingenieurin an der ETH Zürich. Ihre Lehr- und Wanderjahre verbrachte sie in zwei grossen Bauunternehmungen, wo sie als Bauführerin tätig war. Ihr Vater drängte sie nie, ins Familienunternehmen einzusteigen. Kathrin Arnet liess sich Zeit mit der Entscheidung. Kurz nachdem sie das erste Mal Mutter geworden war, fühlte sie sich bereit, die Geschicke des Familienunternehmens nach der Pensionierung ihres Vaters zu übernehmen. Seit Januar 2021 ist sie Geschäftsführerin des Bauunternehmens Josef Arnet AG in Dagmersellen.
In welchen Bereichen des Alltages ist Betriebliche Gesundheit im Baugewerbe besonders wichtig?
«Im Baugewerbe ist die klassische Arbeitssicherheit sehr wichtig und gleichzeitig stark reglementiert. Ich sehe zusätzliche Aktivitäten im Bereich Betriebliche Gesundheit als Ergänzung zu diesen Massnahmen, und gestalte diese näher beim Menschen. Das heisst, ich überlege mir, was ist für UNS wichtig, was brauchen UNSERE Mitarbeitenden. Dadurch vermitteln wir den Mitarbeitenden eine andere Botschaft und nicht noch mehr Reglementierungen. Dort sehe ich das Potential.»
Haben Sie als Geschäftsleiterin im täglichen Geschäft auch direkten Einfluss auf das Thema?
«Wir sind ein Bauunternehmen mit 90 Mitarbeitenden. Als Geschäftsführerin bin ich sehr stark in alle Prozesse involviert. Das geht von der Akquise über die Finanzen bis in den Personalbereich. Die HR-Prozesse und damit natürlich die Betriebliche Gesundheit gehören dazu.»
In welchen Bereichen setzen Sie welche Massnahmen um oder planen solche ein?
«Ein Beispiel: Wir arbeiten seit ein paar Jahren mit einer externen Firma, die uns im Bereich Gesundheit unterstützt, beispielsweise bei Unfall oder Krankheit. Sie hilft im Bedarfsfall und begleitet Mitarbeitende zum Beispiel zum Arzt. Viele unserer Angestellten sprechen schlecht Deutsch, das ist somit eine grosse Unterstützung. Zudem stellt die Begleitfirma kostenlose Medikamente zur Verfügung oder kümmert sich um einen Termin bei Spezialisten. So können wir uns noch besser um die einzelnen Personen kümmern und stehen auch bei längeren Ausfällen in regelmässigem Kontakt.»
Gibt es noch andere Bereiche, eher im präventiven Sinn?
«Wir investieren viel in die interne Kommunikation, die im Baugewerbe nicht einfach ist, da der grösste Teil der Teams auswärts auf Baustellen unterwegs ist. Es ist eine Herausforderung, Informationen flächendeckend zu verbreiten. Wir arbeiten deshalb seit einer Weile mit der Beekeeper-App. Darauf haben sowohl die Geschäftsleitung wie auch alle Mitarbeitenden Zugriff. Dort werden Informationen gepostet, aber auch mal Jubiläen, Gratulationen und sonstiges. Auch können alle Mitarbeitenden etwas aus ihrem Baustellenalltag posten oder sich mit Anfragen und Anregungen einbringen.»
Welchen Stellenwert hat die Betriebliche Gesundheit für Sie im Unternehmen?
«Einen hohen Stellenwert. Allerdings sehe ich es nicht als eine Sammlung von Massnahmen, sondern als Philosophie, als Führungsstil. Für mich ist es eine Wertschätzung den Mitarbeitenden gegenüber. Der Mensch steht dabei im Fokus und das hat Einfluss auf jeden Geschäftsentscheid. Wir haben eine tiefe Fluktuation und viele langjährige Mitarbeitende möchten gerne bis zur Pension bei uns bleiben. Ich werte das als ein Zeichen, dass wir einiges richtig machen.»
Wie möchten Sie sich in der Stiftung Artisana einbringen?
«Als neue Stiftungsrätin möchte ich gerne meine Perspektiven und damit hoffentlich wertvolle Informationen einbringen: Was beschäftigt mich in meinem Arbeitsumfeld, mit welchen Herausforderungen setzen wir uns in der Branche auseinander? Und ich sehe mein Engagement bei der Artisana als Motivation für mich, neue Perspektiven zu bekommen und Einblicke in andere Unternehmen zu gewinnen. Es ist auf jeden Fall eine Horizonterweiterung.»
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Interview mit René Sommer
René Sommer, CEO der Coiffina AG
«Ich wollte nie Coiffeur werden.» Dessen war sich René Sommer sicher, hatte er doch seine halbe Jugend im grossen Salon seines Vaters verbracht und wollte auf zu neuen Ufern. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt: Nach der Lehre als Mechatroniker (damals Automechaniker), wechselte René Sommer in die IT und machte eine Programmierer-Ausbildung. Als IT-ler landete er schlussendlich auch vorübergehend wieder im Geschäft seines Vaters. Und René Sommer beschloss, zu bleiben. Er kümmerte sich nicht mehr nur um die IT, sondern auch um Einkauf, Logistik und alles andere, ausser Haare schneiden. Seit 2005 leitet er die Coiffina AG als CEO, seit 2021 ist er auch VR-Präsident.
Haben Sie als CEO im täglichen Geschäft auch direkten Einfluss auf das Thema Betriebliche Gesundheit?
«Wir beschäftigen rund 180 Mitarbeitende. Als Verantwortlicher für Arbeitssicherheit nehme ich viel Einfluss. Ein grosser Teil meines Tagesgeschäfts sind Personalfragen. Wir haben eine HR-Abteilung, wenn es aber um Gesundheit geht, betreue ich die Angelegenheit selber. Ich kenne alle unsere Angestellten mit Namen und weiss, in welchem der 16 Salons sie arbeiten. Mir ist es wichtig, dass wir gesunde Mitarbeitende haben, die lange im Betrieb bleiben. Die Coiffeur-Tätigkeit ist ein sehr personenbezogenes Geschäft.»
In welchen Bereichen des Coiffeure-Alltages ist Betriebliche Gesundheit besonders wichtig?
«Unsere Mitarbeitenden stehen den ganzen Tag. Wir achten deshalb bereits bei der Saloneinrichtung auf genügend Sitzgelegenheiten und individuell einstellbare Stühle mit hydraulischen Pumpen. Alle Angestellten haben bei uns ihren eigenen Frisierstuhl. Unsere Waschanlagen für Haare sind in der Höhe verstellbar oder, wenn nicht möglich, bauen wir Podeste, damit es für die Mitarbeitenden bequemer ist. Zudem tragen bei uns alle Handschuhe, um Allergien vorzubeugen. Die Handschuhe stellen wir zur Verfügung, in verschiedenen Materialien und Grössen. Während der Pandemie haben sich die Preise dafür übrigens versechsfacht!»
In welchen Bereichen sehen Sie noch Herausforderungen?
«Neben den körperlichen Aspekten sind in der heutigen Zeit auch bei uns die psychischen Probleme Thema. Wir haben viele Angestellte mit Migrationshintergrund. Wir beschäftigen Personen aus über 15 Nationen, da werden wir mit anderen Kulturkreisen und somit anderen Problemen konfrontiert. Zum Beispiel mit häuslicher Gewalt. Das hat auch Einfluss auf die Arbeit. Neben unserem Krankenversicherer Helsana, der tolle Ansprechpersonen und weiterführende Stellen anbieten kann, kümmern wir uns auch selber um solche Situationen. Das Verständnis für die betroffene Person steht an erster Stelle und wir versuchen zudem nach einem Ausfall immer auch Möglichkeiten zur Wiedereingliederung anzubieten. Während sich heute andere Branchen plötzlich damit auseinandersetzen müssen, sind bei uns reduzierte Pensen oder Teilzeitarbeit seit Jahren glücklicherweise gängige Praxis.»
Welchen Stellenwert hat die Betriebliche Gesundheit für Sie?
«Früher dachte man in unserer Branche vor allem an die zusätzliche Arbeit, die das Gesundheitsmanagement bringt oder man hat es belächelt. Wir haben aber relativ schnell angefangen, unsere eigenen Konzepte in diesem Bereich umzusetzen. So hatten wir schon früh weitergehende Massnahmen, als der Verband empfiehlt. Seit 2012 ist das Gesundheitsmanagement zur Chefsache geworden. Wir sind ein grosser Arbeitgeber in der Branche und werden häufig kontrolliert. Dank unserer Konzepte und Massnahmen sind unsere Krankheitsfälle zurückgegangen, wir haben extrem wenig Berufskrankheiten, das heisst, ein Fall alle drei Jahre. Im Jahr 2000 waren es noch vier bis fünf pro Jahr.»
Wie möchten Sie sich in der Stiftung Artisana einbringen?
«Ich freue mich, als Vertreter der Coiffeurbranche, meinen Beitrag im Stiftungsrat zu leisten. In unserer Branche können wir die heutigen Ansprüche an Teilzeitarbeit gut regeln, da wir das – nicht zuletzt wegen des hohen Frauenanteils im Coiffeurgeschäft – gewohnt sind. Das ist in der Baubranche beispielsweise anders. Aber unter dem Strich sind wir alle Handwerker und es gibt Probleme, die branchenübergreifend sind. So können wir uns gegenseitig unterstützen und wichtige Inputs austauschen.»